2023 war das wärmste Jahr der Messgeschichte, doch bislang wird es von 2024 noch einmal klar übertroffen. Die ersten vier Monate reihen sich nahtlos in eine Serie von mittlerweile elf Monaten in ununterbrochener Folge mit Rekordtemperaturen ein. Auch die Meere waren seit Beginn der satellitengestützten Beobachtung noch nie so warm wie aktuell.
Auch der April mit Rekord – der 11. Monat in Folge
Die Schlagzeilen wiederholen sich kürzlich in 30- oder 31-tägiger Regelmässigkeit. Auch der vergangene April war auf globaler Ebene noch nie so warm wie im 2024. Gemäss Daten des europäischen Klimadienstes Copernicus lag die Durchschnittstemperatur bei 15.03 Grad und damit 0.67 Grad höher als im langjährigen Mittel von 1991 bis 2020. Der bisherige Rekordapril aus dem Jahr 2016 wurde um 0.14 Grad überboten. Verglichen mit der vorindustriellen Referenztemperatur (1850 bis 1900) lag die Abweichung sogar bei 1.58 Grad. Es ist also bereits der 11. Monat in Serie mit einem neuen Rekord.
Abb. 1: Monatliche Temperaturabweichungen auf globaler Ebene gemäss ERA5; Quelle: Copernicus
In Europa lag die Abweichung im diesjährigen April sogar bei 1.49 Grad verglichen mit der Norm der Jahre 1991-2020 – dies entspricht Platz 2 hinter dem April 2018. Aussergewöhnlich warm war es dabei in Osteuropa, unterdurchschnittliche Temperaturen registrierten lediglich Fennoskandinavien und Island.
Abb. 2: Temperaturabweichungen im April 2024 verglichen mit dem Schnitt der Jahre 1991-2020; Quelle: Copernicus
Verantwortlich für diese Reihe an wärmsten Monaten sind nebst der immer weiter fortschreitenden Klimaerwärmung auch die zuletzt (noch) vorherrschenden El Niño-Bedingungen. Dies äussert sich insbesondere in den hohen Oberflächentemperaturen der Ozeane. Die durchschnittlichen 21.04 Grad (zwischen 60°S und 60°N) im April führen die nun seit 13 Monaten andauernde Rekordreihe weiter. Aufgrund der hohen Wärmespeicherkapazität von Wasser ist ein rascher Rückgang nicht zu erwarten, die Rekordtemperaturen in den Ozeanen dürften also noch einige Zeit anhalten.
Abb. 3: Durchschnittliche Meeresoberflächentemperatur zwischen 60°S und 60°N; Quelle: Copernicus
Wie schon länger von den Modellen prognostiziert wird, dürfte die ENSO-Schaukel im weiteren Verlauf des Jahres umschlagen und sich eine La Niña-Phase etablieren. Die globalen Durchschnittstemperaturen gehen in einer solchen Phase normalerweise etwas zurück.
Global wärmster März
Die globale Durchschnittstemperatur im März lag um 0,73 Grad über dem Mittel der Jahre 1991-2020 und um 1,68 Grad über dem vorindustriellen Durchschnitt von 1850-1900. Dies markiert den wärmsten März seit Beginn der Aufzeichnungen im Copernicus-Datensatz ab 1979. Es ist ausserdem seit Juni 2023 der zehnte Monat in Folge, der globale Rekordtemperaturen verzeichnet. Die grösste positive Abweichung im Vergleich zum langjährigen Mittel gab es im östlichen Nordamerika, in Grönland sowie im Osten Russlands. Hohe Werte wurden auch in Mittelamerika und in Teilen von Südamerika verzeichnet. Kuba registrierte den wärmsten März seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch in vielen Regionen Afrikas wurden ungewöhnlich hohe Temperaturen verzeichnet. In Südaustralien war es der wärmste März seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1910.
Deutlich unter dem Durchschnitt lagen die Temperaturen in Westsibirien, im Westen der USA und in Zentralkanada, im Westen und Norden Australiens, im Süden Chiles und Argentiniens sowie in Teilen der Antarktis.
Abb. 1: Räumliche Verteilung der Temperatur im März 2024 global und in Europa als Abweichung zum Mittel der Jahre 1991?2020; Quelle: Copernicus
In Europa war es nach 2014 der zweitwärmste März. Wie im Februar waren die grössten Abweichungen in den zentralen und östlichen Regionen des Kontinents zu beobachten. Deutschland verzeichnete den mildesten März seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881, mit einer Abweichung von 2,9 Grad über dem Durchschnitt von 1991-2020. Auch in den Niederlanden war es der mildeste März seit 1901, und das ohne einen einzigen Frosttag, was zuvor nur einmal vorkam. Österreich verzeichnete ebenfalls den mildesten März in den tiefen Lagen. Weiters meldeten Serbien, Ungarn, die Slowakei, Tschechien und Polen den mildesten März seit Beginn der Aufzeichnungen. Ende des Monats gab es in etlichen Ländern neue nationale Märzrekorde, und zwar: Moldawien (29,7 Grad in Sîngerei), Albanien (29,6 Grad in Kuçovë), Kroatien (29,0 Grad in Osijek), Weissrussland (27,2 Grad in Lelchitsy), Polen (26,4 Grad in Tarlóv), Litauen (25,5 Grad in Druskininkai), Lettland (22,8 Grad in Skulte) und Estland (21,3 Grad in Valga).
Abb. 2: Abweichung der globalen und europäischen Temperatur im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 1991 bis 2020; Quelle: Copernicus
Viel warmes Meerwasser, Abschwächung von El Niño
Auch über weiten Teilen der Ozeane war die durchschnittliche Temperatur der darüberliegenden Luft klar überdurchschnittlich. Kein Wunder, denn die globale Meeresoberflächentemperatur (SST) liegt auf Rekordniveau. Der zwischen 60°S und 60°N gemittelte Wert betrug 21,07 Grad, der höchste für einen Monat seit Beginn der Aufzeichnungen, geringfügig über den 21,06 Grad im Februar.
Abb. 3: Gemittelte Oberflächentemperatur der Ozeane zwischen 60°N und 60°S; Quelle: Copernicus
Abb. 4: Perzentile der Meeresoberflächentemperatur für März 2024; Quelle: Copernicus
El Niño im äquatorialen Pazifik schwächt sich weiter ab, er befindet sich in seiner Endphase. In den nächsten Wochen sollte sich ein neutraler Zustand einstellen, der dann im Laufe des Sommers in einen neuen La Niña übergeht.
Abb. 5: Wahrscheinlichkeiten für die weitere ENSO Entwicklung in den kommenden Monaten (Stand 19. März; Quelle: IRI
Auch der Februar auf Rekordniveau
Nicht nur in der Schweiz war der vergangene Februar so mild wie noch nie, auch auf globaler Ebene wurde in der Messgeschichte bislang noch nie ein so warmer Februar registriert. Es war damit bereits der neunte Monat in Folge, welcher für den jeweiligen Monat neue Massstäbe gesetzt hatte – seit Juni 2023 liegen wir also auf absolutem Rekordniveau. Mit einer Mitteltemperatur von 13.54 Grad lag der Überschuss verglichen mit der aktuell gültigen Norm 1991-2020 bei 0.81 Grad. Der bisherige Rekord aus dem Jahr 2016 wurde damit um 0.12 Grad überboten. Gemäss Analysedaten von Copernicus beträgt die Differenz zur vorindustriellen Zeit (1850-1900) gar +1.77 Grad.
Abb. 1: Temperaturabweichungen im Februar gemäss Copernicus; Quelle: Copernicus
Europa: Märztemperaturen im Februar
Ungewöhnlich mild war es insbesondere in Europa. Hier lag das Temperaturniveau 3.3 Grad über der Klimanorm, wobei Mittel- und Osteuropa die grössten Abweichungen aufwiesen. Solche Temperaturen entsprechen eher einem März als Februar. Auf einzelne Länder heruntergebrochen liegt Ungarn mit einer Abweichung von +7 Grad (!) in diesem Ranking ganz vorne.
February 2024 in #Hungary was also extraordinary
— Extreme Temperatures Around The World (@extremetemps) March 3, 2024
With an average temperature of 8.19C which is full 7C above the 1991/2020!
It's 2.3C warmer than the previous warmest February
It's much warmer than an average March
and it would rank amongst the warmest March
Absolutely incredible https://t.co/aNVG2i4DcQ
Weitere Regionen mit weit überdurchschnittlichen Temperaturen waren Teile von Sibirien, die Osthälfe von Nordamerika und von Afrika bis Westaustralien. Einen zu kühlen Monat erlebten vor allem die Menschen in Asien, wobei die Abweichungen rund um das Ochotskische Meer am stärksten negativ waren.
El Niño schwächt sich ab
Mitverantwortlich für diese Serie an rekordwarmen Monaten ist unter anderem El Niño. Dieser dürfte sich in den kommenden Wochen aber deutlich abschwächen, die Modelle prognostizieren gar einen raschen Übergang zu La Niña.
Ähnlich wie bei den Landtemperaturen sind auch die Weltmeere deutlich wärmer als üblich. Zwischen 60° Nord und 60° Süd betrug die gemittelte Oberflächentemperatur im Februar 21.06 Grad – der erste Monat mit einer Temperatur von über 21 Grad (bisheriger Rekord: August 2023 mit 20.98 Grad). Die nachfolgende Grafik veranschaulicht dies sehr deutlich.
Abb. 2: Oberflächentemperatur der Ozeane zwischen 60°N und 60°S; Quelle: Copernicus
Vielerorts in den äquatorialen Regionen liegen wir gar auf absolutem Rekordniveau. Diese Ozeantemperaturen in Kombination mit dem bevorstehenden Wechsel auf La Niña würden eine explosive Mischung für die bevorstehende Hurrikansaison bedeuten. Der erste Ausblick auf die atlantische Hurrikansaison dürfte in rund einem Monat erscheinen, wir sind gespannt.
Abb. 3: Temperaturperzentile für den Februar; Quelle: Copernicus
Global noch nie so warmer Januar
Gemäss Analysedaten von Copernicus wies der vergangene Januar im globalen Mittel eine Temperatur von 13.14 Grad auf. Verglichen mit der langjährigen Norm (1991-2020) entspricht dies einem Überschuss von +0.7 Grad. Nach Einschätzungen der Klimawissenschaften war die Differenz zum vorindustriellen Niveau (1850-1900) gar +1.66 Grad. Die positive Temperaturabweichung war im ersten Monat des neuen Jahres jedoch tiefer als in den letzten sechs Monaten des Rekordjahres 2023. Betrachtet man sich die Entwicklungen der letzten rund 40 Januare, so sieht man einen deutlich steigenden Trend.
Abb. 1: Temperaturabweichungen der letzten rund 40 Januare; Quelle: Copernicus
Gegensätzliches Bild in Europa
In Europa zeigt sich ein zweigeteiltes Bild. Weite Teile von Skandinavien fielen erneut zu kühl aus, in Finnland beispielsweise war es bereits der vierte Monat in Folge mit einer negativen Abweichung von mindestens 2 Grad, eine ähnliche Serie gab es letztmals im Winter 2009/10. Besonders erwähnenswert waren dabei die sehr kalten Tage Anfang Monat mit bis zu –44 Grad, so kalt war es in Lappland seit 25 Jahren nicht mehr.
In Finland, there have been now four consecutive months with a nationwide temperature anomaly
— Mika Rantanen (@mikarantane) February 8, 2024
The last such streak of cold months occurred in the winter of 2009-2010. pic.twitter.com/X2FYpJ7lmY
In restlichen Europa hingegen war es fast durchwegs zu mild. Der grösste Temperaturüberschuss wurde von der Iberischen Halbinsel bis zum Alpenraum registriert. Spanien erlebte mit einer nationalen Abweichung von +2.4 Grad verglichen mit der Norm gar den wärmsten Januar der Messgeschichte. In der Schweiz lag das Temperaturniveau rund 1.5 Grad über der Norm.
January 2024 in #Spain had an average temperature of 8.4C, +2.4C above normal and was the HOTTEST January on record
— Extreme Temperatures Around The World (@extremetemps) February 8, 2024
Canary Islands had an average of 17.9C, +3.1C above normal and was also the hottest on record
It was dry on coastal areas and wet in the highlands
See maps by AEMET pic.twitter.com/SBlZSHsxB0
Ausserhalb von Europa
Die stärkste positive Temperaturabweichung ausserhalb Europas wurde über dem westlichen Kanada, Nordwestafrika, im Mittleren Osten und in Zentralasien aufgezeichnet. In Montreal beispielsweise war es der zweite Monat mit einer Abweichung von mehr als 4 Grad, im nördlichen Quebec betrug der Überschuss sogar fast 7 Grad! Die zu hohen Temperaturen in Afrika waren gepaart mit unterdurchschnittlichen Regenmengen, wodurch die Dürreverhältnisse sich weiter verstärkt haben. Ebenfalls bemerkenswerte Hitzewellen mit unzähligen Temperaturrekorden gab es auf dem südamerikanischen Kontinent. Auch das erste Februardrittel stand dem Januar in dieser Hinsicht keinesfalls nach.
Davon angesehen gab es auch unterdurchschnittlich temperierte Regionen. Beispielsweise ein Grossteil von Ostrussland, Westkanada und Teile der Vereinigten Staaten.
Abb. 2: Temperaturabweichungen im Januar gemäss Copernicus; Quelle: Copernicus